Im Gespräch mit FINEST MANUFACTURERS

FINEST MANUFACTURERS (FM): Heute nennen sich viele Menschen Coach. Woran erkennt man einen richtig guten Coach – und wie grenzen Sie sich ab?
Nadine Lehmann (NL): Coaching ist kein geschützter Begriff – und das ist Fluch und Chance zugleich. Für Klient:innen bedeutet es: genau hinschauen. Für mich heißt das: klare Qualität zeigen. Ich habe an der Dr. Bock Coaching Akademie eine fundierte Business und Teamcoach-Ausbildung durchlaufen, kooperiere mit Dr. Kerstin Liesenfeld in Hamburg und arbeite auf Basis aktueller neuropsychologischer Forschung. Ein guter Coach hat nicht nur Tools – sondern Haltung. Kein Ego-Trip, keine Heilsversprechen, keine Standardfloskeln. Sondern echte, tiefe Arbeit am Menschen. Ein guter Coach weiß außerdem, wann Intuition reicht – und wann präzise Analyse hilfreich ist. Deshalb arbeite ich ergänzend auch mit Potenzialanalysen, die nicht bewerten, sondern sichtbar machen, wo Entwicklungspotenziale liegen. Und ein guter Coach bleibt selbst in Entwicklung: Ich reflektiere regelmäßig in Supervision, bilde mich weiter, forsche nach, experimentiere. Coaching ist für mich keine Methode – sondern eine Haltung. Und das spürt man. Wer sich auf meiner Website nicht nur angesprochen, sondern wirklich verstanden fühlt, ist meist schon sehr nah dran an der richtigen Entscheidung.

FM: „Coaching ist kein Selbstzweck“, schreiben Sie. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Coachings nicht als Wohlfühlveranstaltungen verstanden werden?
NL: Coaching ist für mich kein Ort, an dem man sich ausruht – sondern einer, an dem man sich neu ausrichtet. Ich begleite Menschen in sensiblen, oft entscheidenden Momenten: beim Führen von Teams, im Umgang mit Druck, im Navigieren durch Veränderung. Dabei geht es nicht um Wohlfühlfloskeln, sondern um gezielte Transformation – auf Basis von neuropsychologisch fundierten Ansätzen, mit Klarheit, Struktur und Tiefe. Veränderung beginnt im Nervensystem – und genau da arbeite ich. Ich nutze Modelle wie die PSI-Theorie von Julius Kuhl, arbeite mit Embodiment, Gedächtnisrekonsolidierung oder auch punktuell mit der Wingwave®- Methode, wenn emotionale Blockaden gelöst werden müssen. Coaching mit mir ist ein Prozess, der fordert – aber im besten Sinne fördert.

FM: Sie betonen die Messbarkeit von Coaching- Erfolgen. Wie gehen Sie mit der Kritik um, dass nicht alles, was zählt, auch zählbar ist?
NL: Das stimmt – nicht alles lässt sich in Zahlen fassen. Aber sehr viel lässt sich spüren, beschreiben, beobachten.

In meiner Arbeit geht es um spürbare Effekte: Wie klar ist die Kommunikation? Wie souverän ist eine Führungskraft im Konflikt? Wie stark ist das Teamgefühl? Ich arbeite mit qualitativen Reflexionsinstrumenten, kombiniere sie mit Zielen, die wir zu Beginn gemeinsam definieren.
Was mir wichtig ist: Coaching ist kein Blindflug. Es braucht Rückkopplung. Und genau deshalb nutze ich auch Modelle aus der Neuropsychologie – sie helfen, Entwicklung nicht nur zu spüren, sondern auch zu verstehen. Ergänzend setze ich punktuell auch auf fundierte Potenzialanalysen – etwa zur Selbststeuerung, zur Teamdynamik oder zum Entscheidungsverhalten. Sie bieten eine klare Ausgangsbasis und geben präzise Hinweise darauf, wo Entwicklung sinnvoll angestoßen werden kann – ohne Menschen zu kategorisieren oder zu reduzieren.

FM: Ihr Ansatz legt großen Wert auf Praxisorientierung. Wie vermeiden Sie, dass dabei die notwendige Tiefe und Reflexion auf der Strecke bleibt?
NL: Ich bin sehr klar: Praxis ohne Reflexion ist Aktionismus. Reflexion ohne Umsetzung bleibt Theorie. Deshalb verschmelzen diese Ebenen in meiner Arbeit. Wir steigen tief ein – mit Fragen, Körperarbeit, Selbstbeobachtung. Und dann machen wir’s konkret: Was verändert sich morgen in deinem Verhalten?

„Coaching ist für mich kein Ort, an dem man sich ausruht – sondern einer, an dem man sich neu ausrichtet.“

Wie reagierst du in dieser einen schwierigen Situation? Gerade in Unternehmen ist das entscheidend: Reflexion allein bringt kein Ergebnis – erst wenn sie im Alltag wirkt, entsteht echte Veränderung. Ich liebe den Moment, in dem ein Aha-Erlebnis zur Handlung wird – und der Körper merkt: Es geht auch anders.

FM: Sie sprechen von Follow-Up- und Commitment- Sessions. Wie reagieren Ihre Klienten auf diese langfristige Begleitung? Gibt es Widerstände?
NL: Anfangs ja. Viele Führungskräfte sind stark ergebnisgetrieben – sie wollen schnelle Lösungen. Aber sie erleben, dass Coaching kein Einmal-Impuls ist, sondern ein echter Veränderungsprozess. Und dass genau diese Begleitung sie stark macht. Commitment-Sessions helfen, Erkenntnisse in Verhalten zu übersetzen – und Verhalten in Haltung. Wer einmal gespürt hat, wie viel leichter Führung sein kann, wenn man bei sich selbst angekommen ist, der will meist nicht mehr zurück.
Und falls doch mal jemand denkt: „Brauche ich das wirklich?“, dann sage ich oft lächelnd: „Nein, Sie müssen gar nichts – nur entscheiden, ob Sie bei sich ankommen wollen.“

FM: In der Immobilienbranche, in der Sie u. a. erfolgreich tätig sind, herrscht oft ein harter Wettbewerb. Wie integrieren Sie Coaching in eine Kultur, die primär auf Zahlen und Abschlüsse fokussiert ist?
NL: Ich kenne diese Welt sehr gut – ich komme ja selbst aus der Immobilienbranche, war Unternehmerin, habe Teams geführt, Druck erlebt. Genau deshalb werde ich als Coachin auf Augenhöhe wahrgenommen. Ich weiß, wie diese Menschen denken, ticken, handeln – und wie eng Performance und Selbstführung zusammenhängen. Coaching wird hier nicht als Luxus gesehen, sondern als Investition: Wer in der Lage ist, klar zu führen, konstruktiv zu kommunizieren und mit Stress professionell umzugehen, performt besser – und bleibt gesünder.

FM: Sie kombinieren Coaching mit Vertriebsexpertise. Besteht nicht die Gefahr, dass Coaching dadurch zu einem Mittel der Umsatzsteigerung degradiert wird?
NL: Das ist eine wichtige Frage – und ich sage klar: Coaching darf niemals Mittel zum Zweck sein. Aber gute Führung führt zu besseren Ergebnissen. Ich begleite Menschen dabei, mit sich selbst und

anderen klar, integer und wach zu agieren. Wenn daraus bessere Gespräche entstehen, mehr Vertrauen, bessere Abschlüsse – dann ist das kein Zufall, sondern Folge innerer Entwicklung.

FM: Sie erwähnen, dass Veränderungen oft mehr als nur einen Nachmittag erfordern. Wie überzeugen Sie Führungskräfte, die schnelle Lösungen bevorzugen, von diesem Ansatz?
NL: Veränderung hat viele Ebenen. Es gibt Themen – wie z. B. Auftrittsangst vor wichtigen Präsentationen, emotionale Blockaden in Verhandlungssituationen oder Stressreaktionen in schwierigen Gesprächen – bei denen ich gezielt mit der Wingwave®-Methode arbeite. Diese neuropsychologisch fundierte Kurzzeitintervention kann bereits in ein bis drei Sitzungen spürbare Entlastung bringen. Aber das ersetzt keine Persönlichkeitsentwicklung. Tiefgreifende Veränderung entsteht durch Wiederholung, Integration – und den Mut, sich ehrlich zu begegnen. Ich überzeuge nicht durch Argumente, sondern durch Wirkung. Wenn jemand im Coaching merkt: „Da hat sich wirklich etwas in mir verschoben“ – dann entsteht Offenheit. Und dann kommt die Bereitschaft, dranzubleiben. Der Rest ergibt sich fast von selbst.

„Praxis ohne Reflexion ist Aktionismus. Reflexion ohne Umsetzung bleibt Theorie.“

FM: Sie setzen auf kontinuierliche Evaluierungen und Feedback. Wie gehen Sie mit dem Risiko um, dass solche Prozesse als Kontrolle oder Misstrauen empfunden werden könnten?
NL: Der Schlüssel liegt in der Haltung: Feedback ist kein Werkzeug der Kontrolle – sondern ein Instrument der Klarheit. Ich lade meine Klient:innen ein, aktiv Rückmeldung zu geben, zu reflektieren, zu justieren. Es geht nicht um richtig oder falsch – sondern um Wachstum. Wenn Menschen merken, dass Evaluation nicht bewertet, sondern begleitet wird, verlieren sie die Angst davor. Im Gegenteil: Dann wird sie zum Verstärker.

FM: Ihr Coaching-Ansatz ist stark auf Teams ausgerichtet. Wie stellen Sie sicher, dass individuelle Bedürfnisse nicht untergehen?
NL: Ein Team ist kein Kollektiv ohne Stimme – sondern ein Raum aus individuellen einzelnen Stimmen. Ich arbeite mit dem Team – und im Team mit dem Einzelnen. Oft kombiniere ich Teamformate mit 1:1-Sessions. Ich beobachte, wer sich zurückzieht, wer überperformt, wer Zwischentöne sendet. Und ich frage: Wer bist du – und was brauchst du, damit du dich hier einbringen kannst? Teamdynamik entsteht dort, wo alle wissen, dass sie gesehen werden.

FM: Sie sprechen von nachhaltiger Veränderung. Wie garantieren Sie, dass die erzielten Veränderungen auch nach dem Coaching bestehen bleiben?
NL: Ich garantiere keine Veränderung – ich ermögliche sie. Nachhaltigkeit entsteht, wenn Erkenntnisse nicht nur im Kopf bleiben, sondern in Körper und Verhalten integriert werden. Deshalb arbeite ich mit achtsamkeitsbasierter Neuroplastizität, d. h. mit bewusstem Wiederholen neuer Denk- und Handlungsmuster. Wir schaffen Routinen, Anker, Strukturen, die das Neue stabilisieren. Wenn das gelingt, wird Veränderung nicht zur Herausforderung – sondern zur neuen Realität.

FM: Sie bieten sowohl Team- als auch Executive- Coachings an. Wie unterscheiden sich Ihre Methoden in diesen beiden Formaten?
NL: Im Executive Coaching geht es oft um Themen wie Selbstführung, Entscheidungsstärke, persönliche Positionierung. In Teamcoachings stehen Kommunikation, Rollenklärung und Zusammenarbeit im Fokus. Ich passe meine Methodik konsequent an: mit Einzelarbeit, PSI-basierten Persönlichkeitsprofilen, Team-Workshops, Embodiment Übungen oder klaren Konfliktinterventionen.

Gerade im Executive Coaching nutze ich auch gezielt Potenzialanalysen, um Entwicklungsfelder sichtbar zu machen – etwa im Hinblick auf Selbststeuerung, Werteorientierung oder persönliche Stressmuster. Im Teamkontext ergänze ich das durch gruppendynamische Auswertungen oder Rollenprofile, die helfen, blinde Flecken aufzulösen. Die Haltung bleibt dieselbe: Ich begleite Menschen darin, das zu leben, was in ihnen angelegt ist – beruflich wie persönlich.

FM: Sie betonen die Bedeutung von Begleitung. Wie definieren Sie die Grenze zwischen Coaching und Beratung in Ihrer Arbeit?
NL: Coaching heißt für mich: die richtigen Fragen stellen – nicht schnelle Antworten liefern. Und dennoch: Ich bringe Erfahrung mit, Expertise, unternehmerisches Denken. Ich bin sehr transparent damit, wann ich als Coachin agiere – und wann ich eine Perspektive aus der Praxis einbringe. Meine Klient:innen schätzen genau diese Klarheit. Denn sie wissen: Bei mir bekommen sie beides – echtes Zuhören und echtes Wissen.

„Coaching mit mir bedeutet nicht, jemand anders zu werden – sondern endlich der Mensch, der man in Wahrheit schon ist.“

FM: Sie bieten auch spezielle Coachings für Frauen in Führungspositionen an. Welche Herausforderungen begegnen Ihnen dabei besonders häufig?
NL: Frauen in Führungspositionen stehen oft vor der Herausforderung, zwischen beruflichen Ambitionen und gesellschaftlichen Erwartungen zu navigieren. Themen wie Selbstzweifel, Perfektionismus und die Angst vor Sichtbarkeit sind keine Seltenheit. In meinen Coachings schaffe ich einen geschützten Raum, in dem diese Themen offen angesprochen und bearbeitet werden können. Ziel ist es, Frauen darin zu stärken, ihre Führungsrolle authentisch und selbstbewusst auszufüllen – ohne sich verbiegen zu müssen.

FM: Sie arbeiten stark neuropsychologisch – ist das ein bewusster Bruch mit dem klassischen systemischen Coaching?
NL: Ich würde sagen: Es ist eine Weiterentwicklung. Systemisches Coaching hat viel geleistet – keine Frage. Aber es bleibt oft auf der Ebene der Beziehungssysteme. Ich arbeite zusätzlich auf einer tieferen Ebene: der inneren Steuerung, der unbewussten Muster, der emotionalen Selbstregulation. Die PSI-Theorie von Julius Kuhl, die ich in meine Arbeit integriere, ermöglicht genau das: zu verstehen, warum Menschen handeln wie sie handeln – und wie sie neue Handlungsspielräume erschließen

können. In Kombination mit Embodiment, Gedächtnisrekonsolidierung, achtsamkeitsbasierten Methoden oder Wingwave® entsteht ein Coaching, das den ganzen Menschen einbezieht: Körper, Gehirn, Biografie, Ziele. Denn das ist es, was Organisationen heute wirklich brauchen: einen Coaching-Ansatz, der Komplexität versteht – und gleichzeitig ins Handeln führt.

FM: Wie lautet Ihr Abschlusssatz zu diesem Interview?
NL: Coaching mit mir bedeutet nicht, jemand anderes zu werden – sondern endlich der Mensch, der man in Wahrheit schon ist.

FM: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Lehmann!